Leseprobe

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Die Pflanzen-
manufaktur


Bei Blumen Maurer im Berner Gürbetal gehen am Valentinstag vor allem Chäsitzer-Tulpen aus den eigenen Gewächshäusern über den Ladentisch. Wir haben den Familienbetrieb in Kehrsatz besucht.

Als es um die Ausbildung ging, wollte Simone Mack nichts von den Blumen wissen. Sie war zwar mit ihnen aufgewachsen, hatte zwischen den Gewächshäusern gespielt, dem Vater in der Gärtnerei und der Mutter im Blumenladen geholfen, aber sie wurde lieber Primarlehrerin, als einen grünen Beruf zu wählen. «Es ist wie bei den Bauernkindern. Nur weil sie auf dem Hof aufwachsen und mithelfen, wissen sie den Beruf noch nicht zu schätzen.» Blumen Maurer am Dorfrand von Kehrsatz (Chäsitz für Einheimische) ist schon seit über hundert Jahren im Besitz der Familie. Gegründet wurde er 1917 von Macks Urgrossvater. Heute ist Simone Mack Mitinhaberin, gemeinsam mit ihren Eltern Christine und Peter und ihrem Bruder Andres.

Zuvor hatte Mack zwanzig Jahre lang mit Herzblut unterrichtet. Als die Schulstunden irgendwann nicht mehr vorübergehen wollten, wusste sie, dass es Zeit war für etwas Neues. Erst dann, mit 35 Jahren, begann sie das Arbeiten mit Blumen und Pflanzen zu interessieren. Sie stieg nach und nach in das elterliche Geschäft ein und absolvierte bei Marianne Wyss Naturgestaltung die Floristiklehre. Allerdings ohne die Prüfung abzulegen. «Ich hatte kleine Kinder zu Hause und wusste ja, dass ich im elterlichen Betrieb arbeiten würde.» Das ist jetzt zehn Jahre her. Seither hat sie sich regelmässig an der Akademie für Naturgestaltung in Zwettl weitergebildet.

Eine Familienangelegenheit

Als klar war, dass beide Kinder in die Pflanzenmanufaktur einsteigen würden – so nennen sie den Betrieb inoffiziell –, organisierte sich die Familie 2013 als Aktiengesellschaft. Mack führt mit ihrer Mutter den Blumenladen. Andres und sein Vater, beide Gärtnermeister, haben den Gärtnereibetrieb unter sich. Peter und Christine Maurer sind so rüstig und so stark im Tagesgeschäft involviert, dass ihr Alter von bald 78 und 79 Jahren überrascht. Was, wenn sie irgendwann kürzertreten möchten? Familienmitglieder zu ersetzen sei immer schwierig, sagt Andres, als wir alle beim Kaffee im Elternhaus sitzen. «Das kann kein Familienbetrieb wirklich planen.» Bei Blumen Maurer würden sowieso keine strategischen Sitzungen abgehalten. Vieles werde ad hoc entschieden und spontan beredet. «Wir kennen einander so gut, da wir schon seit jeher zusammen sind», wirft Christine ein. Sie würden in der Familie sicher ehrlicher und direkter kommunizieren als das bei Nichtfamilienmitgliedern der Fall wäre, fügt Mack an. Manchmal «chlepfe» es. Aber dann verstehe man sich auch wieder. Es funktioniere sehr gut, jeder habe seinen Bereich.


Frühling hängt in der Luft bei Blumen Maurer: Blumig und verspielt wird die Kundschaft empfangen.

Mack und Andres leben mit ihren Familien ebenfalls auf dem Gelände der Gärtnerei. «Wir arbeiten Hand in Hand, bei uns ist alles ineinander verzahnt», erklärt Mack. Integriert würden regelmässig Praktikantinnen aus Stiftungen, die bei ihnen Erfahrungen im ersten Arbeitsmarkt sammeln können – wie das Unterrichten an der Berufsschule auch ein Engagement von Andres. Die enge Zusammenarbeit aller Bereich zeigt sich beim Gang durch den Arbeitsbereich der Floristinnen im unteren Stock, die Treibhäuser mit den Schnittblumen nebenan, den Aussenverkauf vor dem Blumenladen.
Letzterer ist ein wichtiges Standbein und am Tag des Besuchs kleiner als üblich. «Normalerweise haben wir nicht nur ein Zelt aufgestellt, sondern drei», so Mack. Das ergibt eine gedeckte Fläche von über 75 Quadratmetern. Dort finde auch die traditionelle Weihnachtsausstellung statt. Im Blumen-Cottage, einem kleinen Holzhaus neben dem Zelt, bieten sie das ganz Jahr Ware in Selbstbedienung an. «Wir haben damit kurz vor Corona angefangen», erzählt die 51-Jährige. Und weil es so reibungslos funktionierte, blieben sie dabei. Es habe von allem etwas dort. Am Samstag stellen sie die Restblumen hinein – die vielen Spaziergänger oder Velofahrer auf dem Weg zum oder vom Belpmoos kauften sie übers Wochenende noch so gerne. Auch vorbestellte Werkstücke zum Abholen kommen ins Cottage. «Eigentlich kann man bei uns draussen jederzeit alles in Selbstbedienung kaufen», erklärt sie, «aber wenn wir da sind, unterstützen wir unsere Kundschaft natürlich gern.» Der persönliche Kontakt und die Beratung seien ihre Stärken, neben einem Fokus aufs Handwerk …

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