Leseprobe

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Etwas
gewagt

Iréne Kurmann mag mutige Floristik, guten Kaffee und eine harmonische Umgebung. Mit der «Bluamazaina» vereint sie diese Leidenschaften und trotzt den Herausforderungen mit positiver Energie.

Manchmal macht etwas erst im Nachhinein Sinn. Als Jréne Kurmann keine Lehrstelle als Floristin findet, passt ihr das zunächst gar nicht. Nach einem Welschlandjahr jobbt sie in einem Café und erzählt der Chefin von ihrem geplatzten Traum. Diese verspricht ihr, für sie einen Ausbildungsplatz zu finden, unter der Bedingung, dass sie ein Jahr bleibt. Zwölf Monate später beginnt Kurmann ihre Floristiklaufbahn im Blumenhaus Müller im luzernischen Reiden. Heute verbindet sie die Liebe zu den Blumen mit ihren Erfahrungen in der Gastronomie.

Neue Nachbarn

Vor 34 Jahren verschlug es die Floristin wegen dem Job ihres Mannes ins bündnerische Prättigau. Dort zog sie drei Söhne gross und machte Blumenpause. Gleichzeitig übte sie sich in der Geschäftsführung. «Ein Haushalt mit mehreren Kindern heisst auch Managen», sagt sie und lacht. Als die Kinder sie weniger brauchten, zog es sie wieder zu den Blumen – zuerst als Aushilfe in Chur. Dann sah Kurmann in Domat/Ems ein Blumengeschäft ausgeschrieben und, mit der Unterstützung der ganzen Familie, übernahm sie vor 15 Jahren die «Bluamazaina». Ein Umzug auf die gegenüberliegende Strassenseite verdreifachte ihren Umsatz. Vorher grenzte das Geschäft direkt an die Gassa Sutò, nun vereinfachte das Trottoir das Eintreten. «Das hat extrem viel ausgemacht», erzählt sie. Sie konnte erste Mitarbeitende einstellen. Heute sind sie zu zehnt, verteilt auf zwei Standorte. Die Filiale in Chur eröffnete sie vor fünf Jahren im Gebäude von Möbel Stocker an der gut befahrenen Masanserstrasse und gleich nebenan das «Café Nature»: ein einladendes Lokal mit frisch gebackenem Kuchen, einer kleinen Mittagskarte und natürlich Blumen. Drei Angestellte kümmern sich um dessen Betrieb, wenn es eng wird, helfen auch mal die Floristinnen aus. «Zu Beginn konnten wir für das Café den Hinterhof nutzen, das war ein richtiges kleines Paradies», so Kurmann. Zudem profitierten sie im Blumenladen von den Zweitwohnungsbesitzern, die sich im Möbelhaus Einrichtungsgegenstände besorgten und bei ihnen gleich noch Blumen und Pflanzen kauften. Aber dann schloss Möbel Stocker seine Türen und der Discounter Denner zog ein. Mit ihm und der bunten Mischung von Büromietern in den oberen Etagen kam Leben ins Stockercenter. Ob Küchenbauer, Anwalt, Treuhänder oder Getränkehändler, sie bringen ihre Kundschaft ins «Café Nature» zu Besprechungen, oder sie kommen selbst zum Znüni oder zum Mittagessen. Sie lassen ihre Büros zudem gerne von der «Bluamazaina» verschönern und berücksichtigen sie für Aufträge.


Das Flair fürs Wohnliche der «Bluamazaina» ist vor allem am Standort Chur offensichtlich.

Weil Denner den lauschigen Hinterhof für Parkplätze braucht, stehen die Aussentische ihres Blumencafés jetzt auf der Strassenseite unter einem hellen Sonnenschirm. «Dafür sind wir so sichtbarer», meint die 58-Jährige. Sie fokussiert gern aufs Positive. Schwierig sei nur, dass nun ein Bund Rosen nebenan für unter zehn Franken verkauft wird. «Wir versuchen mit schönen Werkstücken dagegenzuhalten, mit Freundlichkeit und Beratung», sagt sie. Und gutem Kaffee.

Nicht zu kleinkariert, bitte!

An beiden Standorten – in Chur noch mehr als in Domat/Ems – ist Kurmanns Flair fürs Einrichten sichtbar. Möbelstücke, Statuen, aber auch Lederhandtaschen und Foulards ergeben mit den Blumen ein buntes Ganzes. Die Floristin kann sich gut vorstellen, eines Tages Homeberatungen anzubieten: «Das wäre ganz cool!» Eine Ausbildung in der chinesischen Harmonielehre Feng Shui hat sie bereits. Innenbegrünungen macht die «Bluamazaina» heute schon gerne und oft. Die grösseren Terrassen überlässt Kurmann den Gartengestaltern.

Am allerliebsten macht die Unternehmerin aber «Floristik ohne Grenzen». «Die Natur ist so fantastisch, sie benötigt höchstens sanfte und natürliche Unterstützung.» Sie mag Floristikgrössen wie Annette Kamping, Gregor Lersch oder Ursula Wegener. «Die Deutschen haben einfach mehr Kick», findet sie. «Da sind wir Schweizer im Vergleich irgendwie kleinkariert.» An der Floristik in der französischen Schweiz schätzt sie das Verspielte …

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